Wilhelm, Cornelius Ackermann

Über echte Wandler

Auszug aus der Chronik „Die erwachte Welt – Band 2: Katalogisierung der Rassen und Fähigkeiten“ von Wilhelm, Cornelius Ackermann, Gelehrter und Hexer (2003)

Gestaltwandler oder, um Verwechslungen zu vermeiden, kurz Wandler oder echte Wandler sind eine gar merkwürdige Spezies. Sie verfügen nicht nur, wie von vielen angenommen, über die Gabe ihre Form zu verändern und zu einem Tier zu werden, welches weiterhin auch über andere Wege und Subspezies möglich wäre, sondern beherbergen in ihrem Innern tatsächlich so etwas wie eine zweite, tierische Seele.
Aufgrund dieser natürlichen Persönlichkeitsspaltung galten Wandler seit jeher als unberechenbare Erwachte. Sie lebten ausgeschlossen von der sonstigen Gesellschaft in kleinen Familienbanden oder größeren Rudeln zusammen und blieben sowohl territorial als auch sozial unter sich. Maßgeblich durch Angriffe von Wandlern in Tierform oder wilde Tiere beeinflusst, wurden sie 1263 von Ferdinand III, als Gefährdung der allgemeinen Sicherheit eingestuft. Auf dem Konzil zu Bamberg wurde wenig später ein Orden mit besonderen Rechten gegründet und mit der Aufgabe betraut sich des Wandlerproblems anzunehmen. Des Weiteren setzte Ferdinand III eine Belohnung von 10 Brakteaten für Informationen über vorhandene Rudel aus und 50 Brakteaten für bereits erlegte Wandler aus. Darüber hinaus wies man die Wandler als Geschöpfe des Bösen aus, welches man mit ihrer tierischen Seite zu belegen versuchte, die wild und animalisch war. Kontakte zu Wandlern wurden in diesem Zuge lebensgefährlich. Obwohl diese Verordnung ursprünglich nur für Raubtiergestaltwandler galt, fielen ihr auch alle anderen, weniger aggressiven Wandler zum Opfer.
Obwohl Wandler gefährliche Gegner waren, trieb die gezielte Jagd sie an den Rand der Ausrottung. Aus einem Bericht von Friedrich Kästner zu Wittenberg um 1650 geht hervor, dass das letzte große Rudel in Europa ein Wolfsrudel bei Tschernigoro war, welches auf dem russischen und dem litauischen Herrschaftsbereich sein Territorium hatte. Dies war die letzte große Sichtung eines Rudels bis 1817, wo noch einmal von einem kleinen Luchsrudel in den Wäldern des Harzes die Rede ist. Im Zuge dieses erneuten Aufkommens eines Raubtiergestaltwandlerrudels, kam es zur vollständigen Ausrottung des Luchses und auch des Wolfes in Deutschland.
Heute gelten echte Wandler als nicht mehr existent, was allerdings ein Irrglaube ist. Einzelne Individuen haben überlebt und leben ähnlich versteckt wie Venatoren oder andere aggressive Spezies. Obwohl es keine offizielle Jagd auf Wandler mehr gibt, werden sie doch immer noch verfolgt und so wird gemunkelt, dass so mancher, der es sich leisten kann, einen Wandler in seinem persönlichen Zoo hält, wo sie mit chemischen Mitteln in ihrer Tierform gehalten werden.
Über das Verhalten und die Lebensweise der Wandler ist nicht viel bekannt und das, was aus dem Mittelalter überliefert ist, wirkt verklärt und stark dramatisiert und ist wohl kaum als geeignete Beschreibung anzusehen.

Venatoren

Auszug aus der Chronik „Die erwachte Welt – Band 2: Katalogisierung der Rassen und Fähigkeiten“ von Wilhelm, Cornelius Ackermann, Gelehrter und Hexer (2003)

Venatoren zeichnen sich vor allem durch ihr Gespür aus, das ihnen erlaubt jeden Erwachten und jede erwachte Kreatur in ihrem Umkreis genau zu lokalisieren und zum Teil auch zu analysieren. Des Weiteren besitzen sie einen schier unerschöpflichen Drang zu jagen. Einmal entfesselt, verwandelt er einen Venator in ein, auf die Jagd fixiertes, Raubtier, das erst dann wieder unter Kontrolle zu bringen ist, wenn es seine Beute erlegt hat. Interessanterweise, scheint hierbei der Tod der Beute nicht zwangsläufig erforderlich zu sein, was erklärt, wieso es immer wieder traumatisierte Opfer, dieser Übergriffe gibt. Mit zunehmendem Alter scheint die Häufigkeit für Gewalttaten und fortgeschrittener Geisteskrankheit, die zumeist brutale, unmenschliche Massaker anrichtet, zuzunehmen. Gleichzeit steigen mit dem Alter auch die Fähigkeiten eines Venators, was es zu einer üblichen Praxis hat werden lassen, Venatoren schon kurz nach ihrem erwachen zu töten, bevor sie in die Lage kommen ihrerseits ein Blutbad anzurichten. Eine weitere Eigenart dieser erwachten Spezies scheint es zu sein, dass sie irgendwie über eine Art kollektives Gedächtnis verfügen. So berichten einige, sie würden Dinge in ihren Träumen erleben, die ein anderer Venator selbst auch erlebt hat. Unklar ist, ob es sich hierbei nur um eine weitere Psychose handelt, die das Venatorensein mit sich bringt oder um eine reale Verbindung. Es steht zu vermuten, dass es eine genetische Komponente gibt, die sich vererbt und diese erwachte Form hervorbringt. In den seltenen dokumentierten Fällen, in denen Venatoren Kinder gezeugt oder geboren haben, entwickelten diese fast immer die Fähigkeiten des Venators. Dies lässt die Vermutung zu, dass das Venatorengen, wir gehen im weiteren davon aus, dass ein solches Gen existiert, dominant vererbt wird.
Sollte man selbst einem Venator begegnen, sollte man vermeiden in Panik zu geraten oder gar wegzulaufen. Ähnlich wie bei wilden Tieren, löst jeder Fluchtversuch sofort den Jagdtrieb aus. Deshalb heißt die oberste Regel: Ruhe bewahren und sich möglichst passiv verhalten. Hilfe rufen, wenn möglich.

Die erwachte Welt

Auszug aus der Chronik „Die erwachte Welt – Band 1: Eine Einführung“ von Wilhelm, Cornelius Ackermann, Gelehrter und Hexer (2001)

Unsere Welt teilt sich in zwei Gruppen. Die erste Gruppe sind die Träumer, sie leben ihr Leben, gehen ihrer Arbeit nach, und das einzige Spannende in ihrem Leben ist der Tratsch in der Mittagspause und das Fernsehprogramm nach Feierabend.

Doch mitten unter ihnen, gut verborgen, lebt die zweite Gruppe: Die Erwachten. Sie zeichnen sich durch eine fantastische Vielfalt an Fähigkeiten und Gaben aus, die der ersten Regel des Internets folgen: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Die meisten sind unscheinbar und harmlos, aber es finden sich auch alle möglichen Begabungen und Rassen aus Mythen, Legenden und Superheldencomics.
Wegen der Verfolgung und Ausgrenzung durch die Träumer hat sich über die Jahrhunderte eine Parallelgesellschaft herausgebildet, deren Existenz unbedingt geheim gehalten werden muss.