Zeitenwende 3 erscheint am 30.Oktober 2023

Endlich ist es soweit. Zeitenwende 3 – Niclas erscheint am 30.10.23.

Klappentext:

Nach dem Zusammenstoß mit Atris hat sich Manuela bemüht, den außerweltlichen Wesen aus dem Weg zu gehen. Doch ausgerechnet sie soll dem charismatischen Gefallenen Niclas helfen, eine abtrünnige Hexe zu jagen, die das Gleichgewicht der Welt bedroht. Die Jagd auf die Hexe ist gefährlich und ein kleiner Fehler bringt sie an einen Ort, an dem ihre größten Ängste plötzlich Realität werden. Kann sie Niclas vertrauen und werden sie es schaffen, die Hexe aufzuhalten, deren Plan womöglich die ganze Welt verändern wird?

Zwischen Licht und Dunkelheit I ist erschienen

Der Krieg zwischen den Reichen Gronnedals wurde entschieden. Morketsrike hat den Kampf gewonnen und Lysetsrike steht vor einer ungewissen Zukunft. Für Liandra, die letzte Überlebende aus dem Herrscherhaus Stjernelys, beginnt mit dem Ende des Krieges eine Reise ins Ungewisse. Entführt von den Schergen Morketsrikes sieht sie sich schon bald mit den undurchsichtigen Plänen des Herrschers Xantho konfrontiert. Während sie gegen den schädlichen Einfluss der Magie Morketsrikes ankämpft, drängt Xantho sie zu einer Vermählung, die einen neuen, bisher unbekannten Feind auf den Plan ruft, der nicht nur Liandras Leben bedroht, sondern für ganz Gronnedal den Untergang bringen könnte.

Als Ebook bereits erhältlich. An der Taschenbuchauflage arbeite ich noch.

Die Empathin 3 -Alte Feinde, neue Freunde – Jetzt erhältlich!

Während Feuersturm es noch immer auf Kamilla abgesehen hat, gehen die Wandler mit der Empathin und einer Gruppe, die ebenfalls gegen Feuersturm kämpft, ein kurzzeitiges Bündnis ein. Als sich im Laufe der Zusammenarbeit die Chance ergibt, vielleicht auch Anna, Marcs Schwester, aus den Klauen Feuersturms zu befreien, müssen alle Hand in Hand arbeiten, wobei Marcs fortschreitende Wildheit zu einem Problem wird, das alle Pläne scheitern lassen könnte.

Wie ich zum Schreiben gekommen bin...

Wie ich zum Schreiben gekommen bin…

Diese Frage stellen mir die Menschen häufiger. Meine erste Geschichte schrieb ich in der Grundschule. Sie war nicht lang, nicht besonders gut und handelte von der Adoption eines kleinen, streunenden Hundes durch das Mädchen, das ihn fand.
Das Schreiben selbst war nie das wirklich interessante, sondern das, was mich wirklich reizte, war die Entwicklung einer Geschichte. Wenn ich nicht schlafen konnte, dachte ich mir Geschichten aus. Auf dem Schulweg spann ich irgendwelche Ideen weiter und zusammen mit einer Freundin dachten wir uns Dinge über unsere Stars oder tolle Charaktere aus Büchern und Filmen aus. Heutzutage würde man das vermutlich am ehesten als Fanfiktion bezeichnen.
Die Idee, Schriftsteller zu werden, Bücher zu schreiben und andere Menschen an meiner Fantasie teilhaben zu lassen, durchzog mein ganzes Leben, aber so ganz ernst genommen wurde es nie. „Das ist eine brotlose Kunst, lern´ lieber ´was Anständiges!“ Hörte ich leider zu häufig und ich glaubte daran, dass es wahr wäre.
Mehrfach hörte ich von Schreibwettbewerben und vor allem vom Wolfgang-Hohlbein-Preis. Jedes Mal fing ich an zu schreiben, aber ich hielt es nicht durch. Wenn die ersten 10k-20k Worte auf dem Papier waren, kamen Zweifel. Habe ich überhaupt eine Chance? Was ist wenn die ganze Arbeit umsonst ist?
Am Ende verwarf ich die Ideen immer wieder und schickte nie etwas ein. Es war 2015 als eine gute Freundin mich mit einer Geschichte faszinierte und ich den Entschluss fasste, dass ich nun doch ein Buch schreiben würde. Ich kaufte mir Schreibratgeber, unterhielt meine Freunde mit kleinen Geschichten und dann entwarf ich „Das Geheimnis der Schatten“. Es war hart das Buch zu Papier zu bringen, aber ich kämpfte mich durch. Jede freie Minute saß ich da und schrieb, bis ich endlich an dem Punkt angekommen war, wo der erste Teil zu Ende sein sollte. Bei der Überarbeitung kamen mir Zweifel und auch Ängste. Was wäre, wenn den Leuten die Geschichte nicht gefallen würden, wenn sie die Protagonisten nicht mochten oder das Setting?
Der schwerste Moment war eindeutig der, als ich auf den Button klicken sollte, der das Werk auf Amazon live schaltete.
Seit diesem Tag habe ich 4 Bücher veröffentlicht und das Nächste wird in den nächsten Tagen zur Vorbestellung freigegeben werden.
Es war ein langer Weg, doch ich habe viel gelernt und ich möchte das Bücherschreiben auch nicht wieder aufgeben.

Schicksalhafte Begegnungen 1 – Chantals Besuch – Tacoma

Chantal zögerte noch einen Moment, dann ließ sie ihren Wagen an und fuhr los. Ihr Ziel lag in Nordtacoma, es war ein kleiner Laden für Computer und Zubehör, der sich wohl vor allem auf das Aufmotzen der Rechner verstand und in dem man aus diesen, kleine Kunstwerke machte. Genau genommen ging es weniger um den Laden selbst, als mehr um einen der beiden Inhaber des Ladens, den Chantal persönlich kennenlernen wollte.
Der Grund ihres persönlichen Besuchs war offiziell das Abholen einer Auftragsarbeit für eines ihrer Kinder, zumindest würde es das sein, was sie erzählte, wenn es zu Fragen kommen würde. Doch der eigentliche Grund war ein Kommentar, den Victor, einer ihrer engsten Vertrauten, gemacht hatte. Wenn dieser Recht hatte, dann steckte der Mann in ziemlichen Schwierigkeiten, wenn er erwachen würde. Im Nordgebiet würde man nicht lange fackeln, wenn ihre Befürchtungen stimmten. Insgeheim hegte sie die Hoffnung, dass sie genug Kontakt aufbauen konnte, bevor dies geschah und dass es ihr so gelingen würde, ihm zu helfen, ohne das dies ernste Probleme mit dem Nordgebiet bringen würde.
Etwa eine halbe Stunde später hielt der rote Sportwagen direkt vor dem kleinen Laden und sie stieg aus. Über der schmalen Ladenfront hing ein altmodisches Straßenschild aus Kupfer in Form eines stilisierten PC-Towers, und ein Schriftzug an der Hauswand verriet ihr, das sie in der Tat bei M&S war. Das eine Schaufenster zeigte einige abenteuerliche Gehäuse in Chrom, Leder und Plastik, allerhand bunte Leuchten und Elektronikbauteile.
Chantal betrat den kleinen Laden und sah den jungen Mann, von dem sie bisher nur einige Fotos gesehen hatte. Er mochte so Anfang 30 sein. Braunes, kurzes Haar, freundlichen Ausdruck im Gesicht und die sorglose Unbeschwertheit, die meist den Träumern vorbehalten blieb. Die braune Lederjacke, das rote Button-Up-Hemd, die Bolo-Krawatte und Cordhose dazu waren definitiv ein exzentrischer Kleidungsstil, und nicht unbedingt das, was man von einem Computerspezialisten erwartete. Mittelgroß und nicht gerade ein Leistungssportler, aber schlank. „Guten Tag.“
Marc blickte von seiner Arbeit auf und sah die junge Frau mit den platinblonden Haaren, die zu einem festen Zopf gebunden waren, auf sich zukommen. Sie trug einen weißen Anzug und ihre Füße stecken in hochhackigen, teuren Schuhen, die bei jedem Schritt ein deutliches Klacken auf dem Boden ertönen ließen. Sie war schlank, sehr attraktiv und blickte ihn interessiert aus strahlend blauen Augen an. „Guten Tag“, erwiderte er und wandte ihr seine ganze Aufmerksamkeit zu.
„Newton ist mein Name. Ich bin hier, um meine Bestellung abzuholen.“
„Ah ja, die Dame mit dem Hochleistungsrechner.“ Marc nickte, bat sie einen Moment zu warten und verschwand nach hinten. Chantal ließ ihren Blick durch den kleinen Raum gleiten. Der Raum streckte sich nach hinten. Entlang der Wände waren weitere einzigartige Gehäuse ausgestellt. Links der Türe gab es einige wenige halbhohe Regalzeilen mit Bauteilen, bevor eine bequeme Sitzecke mit schweren Ledersofas den Raum beschlagnahmte, in deren Fokus ein großer Fernseher montiert war. An der Rückwand war eine Theke mit einem Kassen- oder Computersystem und einem komplex anmutenden Kaffeeautomaten und einem Teeregal und der Durchgang, aus dem Marc gerade mit einem Karton beladen, wieder in den Laden trat. Sofort begann er ihre Bestellung auszupacken. Auf einem neuen Rechner war mit Strasssteinchen der Name Denise verewigt worden und zumindest von außen entsprach alles ihren Vorstellungen. Zum Innenleben des Rechners hätte sie nicht viel sagen können, denn mit moderner Technik stand sie ziemlich auf Kriegsfuß.
„Sehr schön!“ Bei diesen Worten nickte die junge Frau und war sich sicher, dass sich Denise über ihr neues Spielzeug freuen würde. Aus ihrer Tasche holte sie einen kleinen Umschlag und legte, die noch nicht bezahlte Summe, in bar auf den Tresen, während Marc, den Rechner wieder gut verpackte und transportfähig machte.
„Es freut mich, dass er Ihnen gefällt und ich hoffe die Geschwindigkeit genügt ihren Anforderungen.“
„Wären Sie so freundlich und würden mir den Karton bitte nach draußen in meinen Wagen bringen?“
Sie hielt die Tür auf, während sie die Art, wie sich der Mann bewegte, genau beobachtete. Er stellte ihr den Karton gemäß ihren Wünschen in den feuerroten Porsche und bemerkte dabei gar nicht, dass die Frau jede seiner Bewegungen genau registrierte. Chantal bedankte sich und wollte gerade noch etwas sagen, doch da bemerkte sie ein junges Mädchen mit einem PC, die auf sie zukam. Sie erkannte sie in ihrem Gothicoutfit sofort, obwohl sie ihr nie zuvor begegnet war. Elliane lebte sein einiger Zeit im Nordgebiet und verbrachte viel Zeit mit Dante und Virgil, die das Nordgebiet führten. Damit war ihre Aufgabe hier erledigt, denn offensichtlich hatte man Marc Bermann im Nordgebiet schon bemerkt. Vermutlich wussten sie noch nicht, was aus ihm werden würde, doch sie konnte es in der derzeitigen Lage nicht riskieren, dass es zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd kommen würde. Auch war nicht gesagt, dass ihre Befürchtungen wirklich eintreten mussten.
Etwas unzufrieden darüber, dass sie hier nichts mehr tun konnte, bedankte sie sich noch einmal, stieg ein und fuhr davon. Chantal ärgerte sich darüber, dass sie nicht früher schon gekommen war, aber sie hatte um jeden Preis Aufmerksamkeit vermeiden wollen. Ein Teil von ihr wollte gerne eingreifen, aber ein anderer Teil wusste nur zu gut, dass das nur zu Eskalationen führen würde. Eskalationen, die sie sich im Moment einfach nicht leisten konnte. Es stand mehr auf dem Spiel als das Leben dieses einen Mannes.

Fortsetzung folgt…

Geschichte der Wandler

Geschichte der Wandler

Die Geschichte der Wandler ist ein mahnendes Beispiel für das Unverständnis und die Intoleranz, die auch heute noch der erwachten Gemeinde zueigen sind.

Wandler scheinen früher einmal recht zahlreich gewesen zu sein, stießen jedoch im Verlauf der zunehmenden Bevölkerung Zentraleuropas im Hochmittelalter immer häufiger mit der mundanen Gesellschaft zusammen. Ihr Territorialverhalten zusammen mit den häufigen Verwechslungen mit Lykanthropen durch die abergläubische Bevölkerung und der zunehmenden magiefeindlichen Christianisierung sorgten für beständige Konflikte und den Ruf als gefährliche Landplage, Teufelsdiener und Dämonen.
Zum Höhepunkt der mittelalterlichen Blütezeit, kurz vor dem Beginn der von Krisen geprägten spätmittelalterlichen Periode, erließ Wilhelm von Holland kurz nach seinem Amtsantritt 1254 den „Erlass zur Wahrung das kaiserlichen Reichsfriedens in Au, Hain und Walde“, der „Zwiegestalten, teuflische Wechselbälger im Bestienpelze und andere Frevler und schwarze Seelen“ im ganzen Lande für Vogelfrei erklärte. Im selben Erlass wurde für Hinweise auf Wandlerrudel ein Preis von zehn Silberpfennigen ausgelobt, auf den Kopf eines toten Wandlers gar 50 Silberpfennige.
Der Erlass des Kaisers hatte, trotz seiner kurzen Regentschaft weitreichende Folgen, und am Rande der Synode von Köln (1260) wurde der ritterliche Orden des Landfriedens gegründet, dessen explizite Aufgabe es war, Wandler und andere „Teufelskreaturen“ zu jagen. Der Orden kam dieser Aufgabe mit religiösem Eifer nach und zwischen den Kopfgeldern und den Monsterjägern waren sie bald beinahe ausgerottet. Der strenge Familienverband wurde hier zu einem klaren Nachteil, da man isolierte Gruppen leicht aufspüren, verfolgen und vernichten konnte.
Die letzte Erwähnung eines großen Rudels findet sich in den Briefen von Friedrich Kästner zu Wittenberg um 1650, der von einem weiten Territorium in der Gegend von Czernihów berichtet, das niemand betreten könne ohne „von großen Wolfsbestien, Höllenhunden gleich, unbarmherzig gehatzt und über die Grenze hinweg getrieben zu werden. Und dies sei einem Manne eine rechte Warnung, gilt es doch sein Leben, wenn er je zurückkehret.“
Im Winter des Jahres 1817 wurde noch einmal ein kleineres Rudel vermuteter Luchswandler im Harz gesichtet, woraufhin der inzwischen geheime Orden des Landfriedens eine erneute Hetze auf Raubtiere im gesamten Deutschen Bund ausrief, was zur vollständigen Ausrottung der gemeinen Luchse und Wölfe in Zentraleuropa führte.

Prof. Dr. rer. nat. Eleysius Bornkamp, h.c

Weiteres über Wandler findest du hier:

Ackermann: Über echte Wandler

Bornkamp: Wandler, echte m (Duplexanima Animalis)

echte Wandler

Wandler, echte m (Duplexanima Animalis)

Einleitung

Echte Wandler, missverständlich, aber geläufig, auch „Gestaltwandler“ oder einfach „Wandler“, bezeichnet, die große Gruppe der tierischen Doppelseelen (Duplexanima Animalis). Dem gemein läufigen Namen kann bereits vom Laien entnommen werden, das sie zwischen der Gestalt eines Tieres und eines Menschen wechseln können, und sie werden deshalb vom Ungebildeten oft mit Lykanthropen gleichgesetzt, was kaum unsinniger sein könnte.
Der wissenschaftliche Name der Art entstammt ihrer herausragendsten Eigenschaft: Echte Wandler verfügen scheinbar über eine Doppelnatur, über zwei belebende Geister – einen menschlichen und einen tierischen Teil. Jedoch sind es den Beschreibungen nach nicht zwei Personen, sondern zwei Aspekte derselben Person.
Echte Wandler unterteilen sich in eine große Vielfalt von Unterarten, die bis auf die Duplexanima Animalis Lupus, die Wolfswandler, heute als fast vollständig ausgerottet gelten können. Selbst Wölfe sind heutzutage so rar, dass Viele Wandler im Allgemeinen für ausgerottet halten, eine Meinung, die nur der allgemeinen Gleichgültigkeit der modernen, erwachten Gesellschaft zugeschrieben werden kann. Vor allem Wölfe werden immer wieder einmal gesichtet, aber auch andere Arten tauchen ab und zu wieder auf.
Aufgrund der Seltenheit müssen wir die meisten Informationen über die Art aus historischen Texten und Überlieferungen entnehmen, deren Präzision und Objektivität leider vielfach angezweifelt werden muss.

Körperbau und Lebensspanne

Zwischen der Menschen- und Tiergestalt eines Wandler kann es oft Parallelen geben (relative Größe, Augen- und Fellfarben), diese sind aber nicht zwingen erforderlich, ebenso wie ein Erkennen der Tierart an der menschlichen Gesichtsform generell dem Altweibergewäsch zugezählt werden kann. Allerdings sind Wandler grundsätzlich besonders große und prächtige Exemplare in ihrer Tiergestalt, selbst ein wirklich mickriger Wandler ist ein beeindruckendes Tier, und für die meisten Wandler ist die Tierform ihre dominante, ihre „wahre“ Form, unabhängig von der Ausgewogenheit ihrer Seelen.
Ein machtvoller Wandler kann als Tier eine Größe und körperliche Perfektion erreichen, die beeindruckend und furchteinflössend zugleich ist, und vermutlich die Quelle so mancher Märchenungeheuer darstellt. Damit einher gehen eine robuste Gesundheit, ein überdurchschnittlicher Widerstand gegen Krankheit und ein deutlich höheres Alter als bei Menschen, obwohl dazu keine genaueren Angaben gemacht werden können. Jedoch könnte man einige Quellen so lesen, als ob einzelne Wandler eine Lebensspanne mehrerer Jahrhunderte erreicht haben, ohne eine Spur des Alterns zu zeigen.
Im Gegensatz zu Lykanthropen sind Wandler keine erkrankten Homo Sapiens, sondern eine vollkommen eigenständige Art. Es ist unmöglich, in einen Wandler verwandelt zu werden, der Fortbestand der Art erfolgt durch die bei Säugetieren übliche Fortpflanzung.

Lebensweise

Wandler leben grundsätzlich weitestgehend isoliert von ihrer Umgebung in kleinen Familienbanden oder Rudeln, selbst dann, wenn ihre Tierart normalerweise Einzelgänger sind. Sie sind immer sehr territorial orientiert und reagieren in der Regel gewalttätig auf Eindringlinge, was historisch viel zu ihrer Verfolgung beigetragen hat.
Aufgrund dieser Isolation ist über die eigentliche Lebensweise der Wandler beinahe nichts bekannt, da Beobachter generell nicht lebend zurückkehren.

Verwandlung

Die eigentliche Verwandlung geschieht sehr schnell, ein geübter Wandler kann als Mensch abspringen und als Tier landen. Dabei löst sich die eine Gestalt in eine vielfarbig glitzernde Nebelwolke, die sich in Form der zweiten Gestalt wieder zusammensetzt.
Ältere Quellen berichten teilweise auch von einfarbigen Wandlungen, zumindest schwarz und weiß. Aufgrund der schlechten Quellenlage ist unklar, ob es eine weitere, silberne Wandlung gab, oder ob damit die weißen Wandler gemeint waren. Worin der Unterschied bestand und was die Änderung zur Gegenwart bewirkt hat, ist unklar.

Prof. Dr. rer. nat. Eleysius Bornkamp, h.c

Weiteres zum Thema Wandler findest du hier: Über echte Wandler

Cécile – Hort der Geheimnisse II –

Der Kreis

Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, als die junge Frau ihren Rucksack absetzte und den Besen in die Hand nahm. Ihr dunkelbraunes Haar bewegte sich sanft im Wind und die silberne, halbmondförmige Spange mit dem hellblauen Stein bildete einen guten Kontrast dazu. Sie war mit einem roten, samtenen Oberteil mit Fledermausärmeln und einem schwarzen samtenen Rock bekleidet, der an ihrer Ferse nur wenige Zentimeter über dem Boden endete und vorn nur bis knapp über die Knie reichte. Mit nackten Füßen schritt sie gemächlich auf der kleinen Lichtung umher, die mit zunehmender Dunkelheit ruhig und mystisch wirkte. Der Mond war schon in seiner vollen Pracht über den Wipfeln der Bäume zu sehen und versprach diesen Ort in sein silbernes, blasses Licht zu tauchen. Etwas, das schwer in Worte zu fassen war, lag in der Luft. Die Stimmen der Tiere des Tages verklangen, einige Fledermäuse huschten über den Himmel und die nachtaktiveren Wesen begannen munter zu werden.

Voller Hingabe fegte die Frau den Platz und befreite den felsigen Untergrund von allen Nadeln und Blättern, die der Wind hier her geweht hatte. Das Geräusch des Besens auf dem Stein und das Rascheln der Blätter ergaben eine fremde und doch vertraute Melodie. Beinahe war, es als tanzte die junge Hexe über den Boden, ihre Füße schwebten nur so über den Stein, das Haar flatterte hinter ihr her, während sie ein ums andere Mal mit dem Besen einen etwa kreisrunden Bereich säuberte.
Die Dunkelheit hatte sich schon vollständig über die kleine Lichtung gelegt, als sie endlich mit ihrem Werk zufrieden war. Langsam schritt sie zum Rucksack zurück, ging vor diesem in die Hocke und holte einige Dinge hervor. Eine Flasche mit frischem Wasser, einen kleinen Lederbeutel und eine silberne Schale legte sie links von sich ab. Ein großes Messer in einer ledernen Scheide platzierte sie nun genau vor sich und rechts von ihr fanden ein Stück Räucherkohle, ein weiteres, kleines Säckchen aus Leder und ein Räuchergefäß ihren Platz.

Weißes, langes Haar bewegte sich währenddessen sanft zwischen den tiefhängenden Ästen zweier Buchen. Der Mann hatte das Treiben auf der Lichtung bemerkt, drückte sich tief in die Schatten und beobachtete, was dort vor sich ging. In seinem Gesicht zuckte es mehrfach und die Knochen seiner Finger traten hell hervor, als er die Hand zur Faust ballte. Obwohl er gerade noch gelaufen war, ging sein Atem wieder ruhig und beherrscht und so stand er vollkommen regungslos dort und besah sich das Schauspiel, das sich ihm bot.

Die Kohle entzündete die Dunkelhaarige mit geübten Bewegungen und streute einige Körnchen Weihrauch darauf. Der sanfte Geruch verbreitete sich schnell und die junge Frau genoss den Duft sichtlich.

Einen Moment später erhob sie sich, hielt das Räuchergefäß vor sich und wedelte mit der anderen Hand den aufsteigenden Rauch fort. „Ich reinige diesen Ort mit Feuer und Luft!“, sprach sie mit fester, ruhiger Stimme und zerriss damit die Stille, die diesen Ort eingehüllt hatte. Kraftvoll erfüllte sie die Lichtung, doch der Klang störte dabei nicht die Ruhe dieses Ortes, viel mehr schien ihre Stimme ein Teil dieses Platzes zu sein, fast hatte man den Eindruck, als halte selbst der Wald den Atem an, um ihren Worten lauschen zu können. Mehrfach schritt sie umher und verteilte den feinen Geruch nach Weihrauch auf der Lichtung und wiederholte die Formel. Schließlich kehrte sie zur Mitte zurück.

Abwartend und darauf bedacht nicht gesehen zu werden, drückte sich der Mann mit den schneeweißen Haaren weiter in die Schatten. Er hatte den Kopf leicht schräg gelegt und es war ihm deutlich anzusehen, dass er nicht so recht wusste, was die Gestalt dort unten nun eigentlich tat. Neugier stand in seinem Gesicht geschrieben, doch in seinen blauen Augen fand sich noch etwas dunkleres, etwas, dass der Frau dort unten sehr gefährlich werden würde, wenn seine Neugier nachließ.

Nachdem sie das Räuchergefäß abgestellt hatte, nahm sie die Schale und goss das Wasser in diese hinein. Dann entleerte sie den ledernen Beutel ebenfalls. Vorsichtig nahm sie die Schale auf, rührte die Flüssigkeit mit dem Finger durch und begann dann den Ort mit dem Wasser zu besprenkeln. „Ich reinige diesen Ort mit Wasser und Erde“, verkündete sie, schritt weiter umher und wiederholte auch diese Worte mehrfach.

Er duckte sich tiefer in die Schatten, als sie sich direkt in seine Richtung wandte. Die Neugier war verschwunden und blanker Hass war an ihre Stelle getreten. Vollkommen regungslos beobachtete er, wie sie weiterhin die Flüssigkeit verteilte und dabei mehrfach diese Formel aussprach. Schließlich stellte sie auch die Schale ab, griff nach dem Messer und zog dieses aus der Scheide. Der Mond fing sich auf dem Stahl der Klinge und ließ ihn gefährlich aufblitzen.

Mit dem Messer in der Hand trat sie an den Rand des von ihr gereinigten Bereiches. Die Spitze der Waffe wies auf dem Boden und mit gemächlichen Schritten ging sie einen Kreis. Fest klang ihre Stimme, als sie dabei sprach: „Ich erschaffe einen Raum, jenseits dieses Raumes. Ich erschaffe einen Ort jenseits dieses Ortes. Ich erschaffe eine Zeit, jenseits dieser Zeit.“ Sie schien keine Eile zu haben, weder beim dreifachen Umschreiten des Kreises, noch bei den rituellen Worten, die sie dabei aussprach.

Im Norden beendete sie das Ziehen des Kreises und sie hob die Arme. Das Messer blitze erneut im Licht des Mondes auf. „Dreimal habe ich den Kreis umschritten, kommt her ihr Mächte, lasst euch bitten. Kommt mit Feuer, kommt mit Wasser, kommt mit Luft, und kommt mit Erde, auf das der Kreis geweiht sein werde.“
Die Luft auf der kleinen Lichtung schien zu vibrieren und im Nacken des Beobachters stellten sich die Härchen auf. Entschlossenheit stand auf seinem Gesicht und er suchte die Lichtung und den Wald mit seinen Augen nach anderen Bedrohungen ab. Dann kehrte sein Blick zu dem Menschen auf der Lichtung zurück.
Währenddessen war die Hexe an den östlichsten Punkt getreten, zeichnete ein aufrechtstehendes Pentagramm mit dem Messer in die Luft und sprach: „Ich rufe dich Wächter des östlichen Tores, Herr des Ostwindes und Herr des Luftelements. Herr über die Geister der Luft, komme herbei und segne meinen Kreis. Euros, bi än scho änisch, Euros, bi än scho änisch, Euros, bi än scho änisch.“

Bei den fremdartigen Worten verharrte er wieder still und blickte aufmerksamer hinab auf die Lichtung, derer er sich langsam im Schutz der Dunkelheit näherte. Ein Raubtier auf der Jagd, dass sich seiner Beute schon sehr gewiss war. „Sei mein Gast, sei willkommen!“, drang die Stimme der jungen Frau zu ihm herüber. Dann wandte sie sich um und und schritt auf dem südlichsten Punkt ihres Kreises zu. Als sie den Arm mit dem Messer hob, schlich er weiter.

„Ich rufe dich Wächter des südlichen Tores, Herr des Südwindes und Herr des Elementes Feuers. Herr über die Geister des Feuers, komme herbei und segne meinen Kreis. Nothus, bi än scho änisch. Nothus, bi än scho änisch. Nothus, bi än scho änisch“ auch bei diesen Worten zog sie ein aufrechtstehendes Pentagramm in die Luft. „Sei mein Gast, sei willkommen!“

Beide setzten ihren Weg fort. Der Mann näherte sich wie ein Schatten weiterhin der Baumgrenze, während sie den westlichsten Punkt erreichte. Erneut erklang ihre Stimme fest und ohne ein Zögern: „Ich rufe dich Wächter des westlichen Tores, Herr des Westwindes und Herr des Elements Wasser. Herr über die Geister des Wassers, komme herbei und segne meinen Kreis. Zephyrus, bi än scho änisch. Zephyrus, bi än scho änisch. Zephyrus, bi än scho änisch. Sei mein Gast, sei willkommen!“ Auch dieses Mal zog sie das aufrechtstehende Pentagramm in die Luft.

Noch immer außer Sicht der jungen Frau verharrte er kurz und beobachtete noch einmal ihr tun. Er konnte offensichtlich nicht so recht einschätzen, was die Gestalt dort gerade vorhatte und doch war er fest entschlossen seinen Plan in die Tat umzusetzen. Seine Augen wanderten weiter, suchten die Bäume, Büsche und Schatten rund um die Lichtung ab, doch nichts schien sein Interesse zu erregen. Vorsichtig schlich er weiter, im Schutz der Bäume um den Ritualplatz herum, dabei galt seine Aufmerksamkeit im Moment weniger der jungen Frau, sondern mehr seiner Umgebung, doch so wie es schien, war niemand außer ihnen dort.
Im Norden angekommen, erhob die Frau erneut die Klinge und begann das Schutzsymbol in die Luft zu ziehen, während sie rief: „Ich rufe dich Wächter des nördlichen Tores, Herr des Nordwindes und Herr des Elements Erde. Herr über die Geister der Erde, komme herbei und segne meinen Kreis. Boreas, bi än scho änisch. Boreas, bi än scho änisch. Boreas, bi än scho änisch. Sei mein Gast, sei willkommen!“

Er hatte die Lichtung nun einmal umrundet, doch es blieb dabei. Außer ihr waren keine Menschen hier draußen unterwegs. Eisige Kälte stand in seinem Blick, als er den ersten Schritt zwischen den Bäumen hervortrat.

Die junge Frau hatte sich herumgedreht und blickte nun in die Mitte des Kreises. Ohne zu zögern fuhr sie fort: „Ich rufe die Macht der Mächte und verneige mich in Demut vor euch. Ich bin eure Tochter. Mutter allen Seins, deine Krone ist der Himmel und jeder Stern ist ein Edelstein. Vater, dein Angesicht ist das Dunkel des Universums. Mutter, ich rufe dich bei deinen alten Namen: Isis, Astarte, Diana, Hekate, Demeter, Kali, Inana, Freia. Vater, ich rufe dich bei deinen alten Namen: Ra, Jupiter, Jave, Shiva, Cernunos, Nana, Wotan, Zeus. Seid bitte meine Gäste bei diesem Ritual. Schenkt mir Macht und Kraft. Leitet mich durch eure Weisheit. Leitet mich bitte in meinem Ritual. Seid meine Gäste. So sei es! Gesegnet sei es! Seid willkommen!“ Sie verneigte sich tief vor der Mitte des Kreises und wirbelte dann herum, als sie eine Bewegung wahrnahm.

Sie sah die Gestalt, die sich wie eine Raubkatze auf der Jagd näherte. Das Gesicht des Mannes mit den langen, weißen Haaren war schön, die Augen leuchteten schon aus der Entfernung heraus in einem so intensiven blau, dass es fast schon unnatürlich wirkte. Um seinen Mund lag ein harter Zug und auch in seinen Augen war keine Freundlichkeit zu entdecken. Genau wie sie selbst war er barfuß im Wald unterwegs, sonst trug er nur eine schmuddelige und verschlissen wirkende, graue Hose und ein einfaches graues T-Shirt, dass sich über einen muskulösen Oberkörper spannte und ebenfalls schmuddelig und abgenutzt wirkte.
Furcht trat in das Gesicht der jungen Frau und eine Spur Unglauben. Sie war überrascht und unsicher, trat von einem Bein auf das andere und schien nicht genau zu wissen, was sie nun tun sollte. Sie hob das Messer und deutete mit der Klinge auf den Mann, der sich weiter näherte. Nur noch wenige Meter trennten ihn von der unsichtbaren Linie, die sie gezogen hatte und von der sie nicht ganz sicher war, ob es ihn aufhalten würde. In den Augen, die sie an eine unberührte Lagune erinnerten, sah sie es kalt und sehr gefährlich aufblitzen, als sein Blick auf das Messer fiel, doch er schreckte nicht vor der Waffe zurück, obwohl er selbst offenbar unbewaffnet war. Ihr Atem beschleunigte sich und sie wich zurück, achtete aber darauf, den Kreis nicht zu verlassen.

Etwas ließ ihn langsamer werden und er verharrte dort, wo sie die Grenze ihres Kreises festgelegt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, begann er dieser Barriere zu folgen und den Kreis von außen abzuschreiten. Dabei sah er aus, wie ein Raubtier, das dem Verlauf seines Gehegezaunes folgte auf der Suche nach einer Schwachstelle.

Darauf achtend immer innerhalb des Kreises zu bleiben, wich die junge Hexe dem Mann aus. „Du bist nicht willkommen, GEH!“, forderte sie nachdrücklich, doch diesmal klang ihre Stimme nicht mehr ganz so fest und selbstsicher wie zuvor. Der Fremde zeigte auch keine nennenswerte Reaktion, nur in seinen Augen blitze es noch wütender auf, als sie ihm diesen Befehl erteilte.

Als er den Kreis einmal komplett umschritten hatte, blieb er stehen, hob die Hand und streckte diese nach der unsichtbaren Barriere aus. Es zischte gut vernehmlich und er riss die Hand zurück, als habe er auf eine heiße Herdplatte gefasst. Die junge Frau war deutlich überraschter als der Fremde, der sie nun aus schwarzen Augen musterte. Das strahlende, reine Blau war einer ölig, schwarzen Fläche gewichen, die keine Iris und kein weiß mehr hatte. Entsetzt und schockiert schlug sich die Dunkelhaarige die Hand vor den Mund und griff die Waffe ein wenig fester. „Dämon!“, entfuhr es ihr und pures Entsetzen und reiner Unglaube lagen in diesem einen Wort. Die Hand, die die Klinge hielt, begann deutlich zu zittern. Ein weiteres Mal hob er die Hand, diesmal behutsamer und darauf gefasst, was passieren würde und auch diesmal ließ sich ein leises Zischen vernehmen und wieder riss er die Hand zurück. Er wirkte sehr wütend und immer wieder zuckte es leicht in den ebenmäßigen Gesichtszügen des Mannes, der kaum älter als Mitte zwanzig sein konnte und doch vollkommen fremdartig wirkte.

Keiner von ihnen regte sich. Nur der Wind strich über die Lichtung, auf der sich die beiden nun gegenüberstanden. Die junge Hexe zitterte vor Furcht und überlegte sichtlich angestrengt, was sie nun tun sollte. Ihr entging nicht, dass seine Augen schon bald wieder dieses hypnotische Blau angenommen hatten, das ihr schon bei seiner Annäherung an ihren Kreis aufgefallen war.

Sein Blick glitt über das Messer in ihrer Hand. Er registrierte, dass es nicht so aussah, als ob sie mit der Klinge umgehen könnte. Dann zog die Schale seine Aufmerksamkeit auf sich und er maß sie mit einem kurzen Blick. Doch als er wieder in ihr Gesicht sah, erkannte er, dass er einen Fehler gemacht hatte, denn ihr Blick war seinem gefolgt, und nun griff sie nach der Schale. Es sah unsicher aus und nicht so, als wüsste sie, was damit zu tun sei, doch er wich instinktiv einen Schritt zurück.
„Ich will dir kein Leid zufügen, also geh einfach!“, forderte sie ihn auf. Ihre Stimme klang dabei voller Furcht und doch schwang eine unsichere Drohung in den Worten mit. In der einen Hand das Athame, in der anderen die Schale mit dem restlichen Salzwasser stand sie nun da und kam sich dabei mächtig albern vor. Wenn sie nicht den Eindruck gehabt hätte, dass das hier kein Spaß war, dann hätte sie wohl gelacht, doch so wartete sie einfach ab und versuchte nicht darüber nachzudenken, wieso etwas Salzwasser diesem Wesen solches Unbehagen bereitete.
Wieder zuckte es im Gesicht des Mannes und nur träge machte er einen weiteren Schritt zurück. Der Ärger stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch dann wandte er sich tatsächlich ab und entfernte sich eilig. Die junge Frau atmete auf und beobachtete, wie seine Gestalt zwischen den Bäumen verschwand und schon bald von der Dunkelheit verschluckt wurde. Langsam senkte sie die Waffe und entspannte sich ein klein wenig. Dann trat sie an den Rucksack heran, goss das restliche Wasser weg und räumte alles soweit wieder ein. Immer wieder blickte sie sich um, doch die Kreatur blieb verschwunden.

Nicht mehr ganz so selbstsicher und deutlich furchtsamer, flüsterte sie dann: „Mutter und Vater ich danke euch dafür, dass Ihr hier wart und mich unterstützt habt. Schützt mich in meinen täglichen Leben und gebt mir euren Segen.“ Unsicher und sehr vorsichtig trat sie wieder an den nördlichsten Punkt des Kreises. Mit zittriger Hand hob sie das Messer verharrte aber und rührte sich nicht, während ihr Blick die Wälder absuchte.

Von einem stabilen Ast aus blickte der Weißhaarige zurück zur Lichtung. Er hatte die Stirn gerunzelt und betrachtete kurz die leichte Rötung auf seiner Hand. Dann blickte er zu der Frau hinab und legte den Kopf leicht schräg. Entschlossenheit lag noch immer auf seinen Zügen, während er geduldig beobachtete, was die Frau dort nun weiter tat.

„Boreas, Herr des Nordwindes ich danke dir für dein hier sein und das du mein Ritual unterstützt hast. Sei auch demnächst wieder mein Gast. Wenn du bleiben willst, dann bleibe oder gehe hin wo hin du musst.“ Sie sprach leise und gedämpft und sehr eilig. „Nichts gehört.“

Dann eilte sie weiter nach Westen. Wieder glitt ihr Blick über die Bäume, dann erst hob sie ihre Hand und zeichnete das bannende Pentagramm in die Luft und sprach: „Zephyrus, Herr des Westwindes ich danke dir für dein hier sein und das du mein Ritual unterstützt hast. Sei auch demnächst wieder mein Gast. Wenn du bleiben willst, dann bleibe oder gehe hin, wo hin du musst. Nichts gesehen.“ Schon machte sie sich auf den Weg zum südlichsten Punkt ihres Kreises.

Sofort zeichnete sie eilig das bannende Pentagramm in die Luft, ihre Augen glitten erneut über die Wälder um sie herum. „Nothus, Herr des Südwindes, ich danke dir für dein hier sein und das du mein Ritual unterstützt hast. Sei auch demnächst wieder mein Gast. Wenn du bleiben willst, dann bleibe oder gehe hin, wohin du musst.“ Nur einen kurzen Blick warf sie in die Runde, bevor sie weitereilte mit den Worten: „Niemand da gewesen.“

Im Osten angekommen warf sie noch einmal einen langen Blick dorthin, wo der Mann verschwunden war. Sie zögerte ein weiteres Mal sichtlich, dann hob sie das Athame und sprach: „Euros, Herr des Ostwindes, ich danke dir für dein hier sein und das du mein Ritual unterstützt hast. Sei auch demnächst wieder mein Gast. Wenn du bleiben willst, dann bleibe oder gehe hin, wo hin du musst. Keiner hat etwas gemerkt.“

Nun begann sie erneut den Kreis zu umschreiten und murmelte aufgeregt: „Ich schaffe den realen Raum in diesen Raum. Ich schaffe den realen Ort, an diesem Ort. Ich schaffe die reale Zeit in dieser Zeit.“ Dann schnappte sie sich ihren Rucksack und den Besen und rannte förmlich von der Lichtung.

Geschmeidig glitt der Dämon von seinem Ast und folgte der Frau, die sich eilig, wenn auch etwas umständlich von der Lichtung entfernte. Neugier stand wieder in seinem Gesicht, doch in seinen kalten, blauen Augen glomm auch immer noch ein unstillbarer Hass.

Cécile schreckte aus ihrer Vision hoch. Es war dunkel um sie herum. Sie setzte sich auf, krallte die Hände in die Bettdecke und ließ ihren Blick durch den Raum gleiten, in dem sie kaum die Umrisse der Möbel erkennen konnte. Für einen Moment setzte ihr Herzschlag aus, als sie die Silhouette einer großen Gestalt an ihrem Bett erkannte. Eilig griff sie nach der Lampe, die neben ihr auf dem Nachtschrank stand, doch als das Licht den Raum flutete und sich ihre Augen an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatten, war niemand mehr zu sehen. Mit schnell schlagendem Herzen schaute sie sich um, doch das Zimmer blieb leer. Obwohl es sicher albern war, beugte sie sich hinab und warf sogar einen schnellen Blick unter das Bett.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ihre Visionen ihr in das Wachsein hinein folgten und wäre da nicht dieser unheimliche Kerl, der nur wenige Meter entfernt war, dann hätte sie wohl auch nicht viel darauf gegeben. Doch Lucien war nun mal hier und sicher war sicher.

Sie schwang die Beine aus dem Bett und schlich zur Tür hinüber. Sie betätigte die Klinke, doch die Tür war verschlossen. Sie atmete auf und schalt sich selbst eine Idiotin. Trotzdem glaubte sie nun auch noch den unverkennbaren Geruch nach Sandelholz und Weihrauch wahrzunehmen. Cécile mochte den Geruch von Weihrauch. Sie dachte einen Moment über diesen Fakt nach und schließlich kam sie zu der Einsicht, dass ihr dieser Duft ihr sicher noch aus der Vision heraus in der Nase lag und sie sich den Rest einfach eingebildet hatte. Allein die Vorstellung, dass es etwas anderes als Spuren ihrer Gabe sein könnten, bereitete ihr Unbehagen. Schnell huschte sie zurück ins Bett und kletterte unter die noch warme Decke. Sie hatte keine Anhaltspunkte dafür, wo sich die junge Hexe befunden hatte und selbst wenn sie es gewusst hätte, würde sie wohl zu spät kommen, um an dem Schicksal, das ihre bevorstand noch etwas zu ändern. Geistern entkam man nicht, das hatte sie in ihren Visionen mehr als einmal erleben müssen. Sie seufzte, kramte in ihrem Nachttisch nach einem kleinen Büchlein und einem Stift und notierte sich die Vorgänge kurz. Dann gähnte sie herzhaft und beschloss sich noch etwas Schlaf zu gönnen, der morgige Tag würde vermutlich anstrengend genug werden, denn immerhin musste sie es irgendwie schaffen, den Fremden wieder loszuwerden.

Fortsetzung folgt …

Über echte Wandler

Auszug aus der Chronik „Die erwachte Welt – Band 2: Katalogisierung der Rassen und Fähigkeiten“ von Wilhelm, Cornelius Ackermann, Gelehrter und Hexer (2003)

Gestaltwandler oder, um Verwechslungen zu vermeiden, kurz Wandler oder echte Wandler sind eine gar merkwürdige Spezies. Sie verfügen nicht nur, wie von vielen angenommen, über die Gabe ihre Form zu verändern und zu einem Tier zu werden, welches weiterhin auch über andere Wege und Subspezies möglich wäre, sondern beherbergen in ihrem Innern tatsächlich so etwas wie eine zweite, tierische Seele.
Aufgrund dieser natürlichen Persönlichkeitsspaltung galten Wandler seit jeher als unberechenbare Erwachte. Sie lebten ausgeschlossen von der sonstigen Gesellschaft in kleinen Familienbanden oder größeren Rudeln zusammen und blieben sowohl territorial als auch sozial unter sich. Maßgeblich durch Angriffe von Wandlern in Tierform oder wilde Tiere beeinflusst, wurden sie 1263 von Ferdinand III, als Gefährdung der allgemeinen Sicherheit eingestuft. Auf dem Konzil zu Bamberg wurde wenig später ein Orden mit besonderen Rechten gegründet und mit der Aufgabe betraut sich des Wandlerproblems anzunehmen. Des Weiteren setzte Ferdinand III eine Belohnung von 10 Brakteaten für Informationen über vorhandene Rudel aus und 50 Brakteaten für bereits erlegte Wandler aus. Darüber hinaus wies man die Wandler als Geschöpfe des Bösen aus, welches man mit ihrer tierischen Seite zu belegen versuchte, die wild und animalisch war. Kontakte zu Wandlern wurden in diesem Zuge lebensgefährlich. Obwohl diese Verordnung ursprünglich nur für Raubtiergestaltwandler galt, fielen ihr auch alle anderen, weniger aggressiven Wandler zum Opfer.
Obwohl Wandler gefährliche Gegner waren, trieb die gezielte Jagd sie an den Rand der Ausrottung. Aus einem Bericht von Friedrich Kästner zu Wittenberg um 1650 geht hervor, dass das letzte große Rudel in Europa ein Wolfsrudel bei Tschernigoro war, welches auf dem russischen und dem litauischen Herrschaftsbereich sein Territorium hatte. Dies war die letzte große Sichtung eines Rudels bis 1817, wo noch einmal von einem kleinen Luchsrudel in den Wäldern des Harzes die Rede ist. Im Zuge dieses erneuten Aufkommens eines Raubtiergestaltwandlerrudels, kam es zur vollständigen Ausrottung des Luchses und auch des Wolfes in Deutschland.
Heute gelten echte Wandler als nicht mehr existent, was allerdings ein Irrglaube ist. Einzelne Individuen haben überlebt und leben ähnlich versteckt wie Venatoren oder andere aggressive Spezies. Obwohl es keine offizielle Jagd auf Wandler mehr gibt, werden sie doch immer noch verfolgt und so wird gemunkelt, dass so mancher, der es sich leisten kann, einen Wandler in seinem persönlichen Zoo hält, wo sie mit chemischen Mitteln in ihrer Tierform gehalten werden.
Über das Verhalten und die Lebensweise der Wandler ist nicht viel bekannt und das, was aus dem Mittelalter überliefert ist, wirkt verklärt und stark dramatisiert und ist wohl kaum als geeignete Beschreibung anzusehen.